Bremsbeläge wechseln

Bremsbeläge bzw. Bremsklötze zu wechseln ist im Prinzip nicht schwierig, sollte aber sehr sorgfältig erledigt werden. Diese Anleitung deshalb bitte genau studieren.

HOW TO: Bremsbeläge wechseln am Motorrad
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HOW TO: Bremsscheibe wechseln
Drehmomentschlüssel RICHTIG benutzen

Achtung: Der Austausch der Beläge nach folgender Anleitung sollte nur von handwerklich versierten „Schraubern“ selbst durchgeführt werden. Riskiere keine Sicherheitsdefizite! Solltest du von deinen Fähigkeiten nicht überzeugt sein, überlasse den Bremsenservice unbedingt deiner Werkstatt!

Bremsbeläge am Motorrad wechseln

Ursprünglich für das Rollwerk von Flugzeugen entwickelt, hielt die Scheibenbremse Ende der sechziger Jahre Einzug in den japanischen Motorradbau. Das Prinzip dieses Bremsentyps ist so einfach wie effektiv: Zwei gegenüberliegend angeordnete Bremsbeläge, auch Bremsklötze genannt, werden durch den hohen Druck einer Hydraulik gegen die dazwischen angebrachte Scheibe aus oberflächengehärtetem Metall gepresst.

Der Vorteil einer Scheibenbremse gegenüber einer Trommelbremse liegt in der besseren Belüftung und Kühlung des Systems, verbunden mit wirksamerem Druck des Belags auf den Untergrund.

Sowohl Bremsbelag als auch Bremsscheibe unterliegen einem reibungsbedingten Verschleiß, der von den Fahr- und Bremsgewohnheiten des Nutzers abhängt: Regelmäßige Sichtkontrolle ist deshalb unabdingbar für die Fahrsicherheit. Zur Kontrolle der Bremsklötze lässt sich an der Bremszange, auch Bremssattel genannt, meist eine Abdeckung abheben. Nun werden die Beläge sichtbar: Der auf einer Grundplatte verklebte Reibbelag ist häufig mit einer Rille versehen, welche die Verschleißgrenze angibt. Diese liegt im Regelfall bei 2 mm Belagstärke.

Hinweis: An der Scheibenoberkante bildet sich im Laufe der Zeit ein „Absatz“. Dieser deutet dann bereits auf einigen Verschleiß hin. Bei Messung mit der Schieblehre kann dieser Absatz jedoch zu einer Verfälschung der Messergebnisse führen! Vergleiche den festgestellten Wert mit der Verschleißgrenze, welche zumeist an der Scheibenbasis eingestempelt ist oder im Werkstatthandbuch nachgelesen werden kann. Tausche die Scheibe rechtzeitig, denn ein Unterschreiten des Grenzwertes kann zu nachlassender Bremswirkung bei gleichzeitiger Überhitzung des Systems und irreparabler Schädigung der Bremszange führen! Auch bei starker Verriefung ist die Scheibe auszuwechseln.

Bremsscheibe mit einer Micrometerschraube prüfen

Bremsscheibe mit einer Micrometerschraube prüfen

Bremsscheibe mit einer Micrometerschraube prüfen

Bitte prüfe den Bremsklotz auch von der Seite bzw. von unten: Schiefe Abnutzung deutet auf eine fehlerhafte Aufhängung der Zange hin und kann zur vorzeitigen Schädigung der Bremsscheibe führen! Gerade vor längeren Urlaubsreisen empfiehlt es sich, die Bremsbeläge auszutauschen, obwohl diese noch etwas von der Verschleißgrenze entfernt sind. Bei älteren oder öfter heißgebremsten Belägen kann die Wirkung ebenfalls aufgrund von Materialverglasung nachlassen, sodass ein Austausch angesagt ist. Auch die Bremsscheibe sollte hin und wieder überprüft werden. Gerade moderne, leichte Bremsscheiben unterliegen einer nicht unerheblichen Belastung durch den „Biss“ der Vier- oder Sechskolbenbremszange. Die Reststärke der Scheibe wird zweckmäßig mit einer Mikrometerschraube ermittelt.


Die 5 Todsünden beim Wechsel der Bremsbeläge

  • NICHT: Nach dem Säubern des Bremssattels nicht die Hände zu waschen.
  • NICHT: Bewegliche Bremsteile mit Fett schmieren.
  • NICHT: Kupferpaste zum Schmieren bei Sinter-Metall-Belägen benutzen.
  • NICHT: Bremsflüssigkeit auf die neuen Bremsbeläge kleckern.
  • NICHT: Bremsbeläge mit einem Schraubendreher zurückdrücken.

Bremsbelagwechsel – so geht‘s

Step 1: Eventuell etwas Bremsflüssigkeit absaugen

Step 1: Eventuell etwas Bremsflüssigkeit absaugen

01 – Bremsflüssigkeit absaugen

Damit beim späteren Zurückdrücken des Bremskolbens keine Flüssigkeit überlaufen und deine Lackierung beschädigen kann, decke zunächst den Tank und alle lackierten Teile in der Nähe des Bremsflüssigkeitsbehälters ab. Eventuell austretende Bremsflüssigkeit greift den Lack an und muss im Notfall sofort mit Wasser abgewaschen (nicht nur abgewischt) werden. Stelle das Motorrad so auf, dass der Flüssigkeitsbehälter sich in waagerechter Lage befindet und beim Öffnen des Deckels der Inhalt nicht sofort ausläuft.

Nun den Deckel öffnen, in einem Tuch abnehmen und aus dem Behälter die Flüssigkeit etwa bis zur Hälfte absaugen. Zum Absaugen kann am professionellsten der Mityvac Bremsen-Entlüfter oder auch eine Pumpflasche genutzt werden.

Ist deine Flüssigkeit älter als zwei Jahre, empfiehlt sich der Austausch; überalterte Flüssigkeit ist an bräunlicher Verfärbung zu erkennen Schraubertipp Bremsflüssigkeit Basiswissen


Step 2: Bremssattel abnehmen

Step 2: Bremssattel abnehmen

02 – Bremssattel abnehmen

Die Bremssattelbefestigung an der Gabel lösen und den Sattel von der Scheibe abheben, damit die Bremsbeläge zugänglich werden. 


Step 3: Führungsstifte ausbauen

Step 3: Führungsstifte ausbauen

03 – Bremsbeläge ausbauen

Der eigentliche Ausbau der Beläge ist recht leicht möglich. In unserem Bildbeispiel sind sie mit zwei Haltestiften geführt und werden durch eine Feder in Position gehalten. Wenn die Sicherungs-Clips aus den Haltestiften herausgezogen werden, lassen sich diese demontieren. Festsitzende Stifte müssen mit einem passenden Durchschlag ausgetrieben werden. 

Aufpassen: Die Feder springt gern unbeabsichtigt aus ihrer Lage und verflüchtigt sich in irgendeine Werkstattecke. Merke dir zur späteren Montage unbedingt ihre Einbaulage – mache ggf. ein Foto mit deinem Handy. Nach Demontage der Stifte können die Bremsbeläge entnommen werden.


Hinweis: Bitte achte auf eventuell eingebaute „Antiquietschbleche“, die sich zwischen Bremsbelag und Kolben befinden können: Diese müssen unbedingt in gleicher Position wieder montiert werden, um ihre Aufgabe zu erfüllen! Auch hier hilft ein Handyfoto.


Step 4: Bremssattel reinigen

Step 4: Bremssattel reinigen

04 – Bremssattel reinigen und kontrollieren

Reinige und kontrolliere die Bremszangen gründlich. Achte vor allem auf ein trockenes „Innenleben“ und ordentlich montierte Staubmanschetten am Bremskolben, sofern welche vorhanden sind. Feuchtigkeit deutet auf mangelnde Abdichtung des Kolbens hin. Staubmanschetten sollten nicht spröde oder löchrig sein, da sonst Feuchtigkeit an den Kolben gelangt. Der Austausch der Staubmanschette (wenn vorhanden) ist einfach von außen möglich, zum Wechsel des Dichtrings ziehe bitte eine Reparaturanleitung zu Rate. Reinige nun den Bremssattel, wie in der Abbildung gezeigt, mit einer weichen Messing- oder Kunststoffbürste und PROCYCLE Bremsenreiniger. Sprühe den Reiniger möglichst nicht direkt auf die Staubmanschette. Manschette nicht abbürsten!

Jetzt reinige bitte auch noch die Bremsscheibe mit einem sauberen Lappen, den du mit Bremsenreiniger tränkst. 


Step 5: Bremskolben zurückdrücken

Step 5: Bremskolben zurückdrücken

Skizze von Bremskolbenrücksteller

05 – Bremskolben zurückdrücken

Bestreiche die gesäuberten Bremskolben mit etwas Bremszylinder-Paste. Drücke mit einem Bremskolbenrücksteller die Bremskolben zurück. Du hast nun Platz für die neuen, dickeren Beläge geschaffen.


Hinweis: Bitte benutze zum Rückstellen der Bremskolben keinen Schraubendreher oder ähnliches. Mit solchen Werkzeugen ist die Gefahr des Verkantens gegeben, der Bremskolben klemmt dann etwas schräg in seinem Sitz und ein späteres Schleifen deiner Bremse wäre die Folge. Achte beim Zurückdrücken auch auf den Bremsflüssigkeitsstand im Behälter – er steigt durch die Rückbewegung des Kolbens an! 

Step 6 Abb. 1: Rückseite mit Keramik- oder Kupferpaste bestreichen

Step 6 Abb. 1: Rückseite mit Keramik- oder Kupferpaste bestreichen

06 – Bremsbeläge einbauen

Damit die neuen Beläge nach dem Einbau nicht quietschen, wird die metallene Rückseite und ggf. die Kanten sowie die gereinigten Haltestifte bei organischen Bremsbelägen dünn mit Kupferpaste (z. B. von PROCYCLE) bestrichen. Bei Sinter-Bremsbelägen, die heißer werden können, und bei Fahrzeugen mit ABS, für die man keine Kupferpaste verwenden sollte, weil sie leitet, wird Keramikpaste eingesetzt. Die Paste darf keinesfalls auf den Belag gelangen! 

Step 6 Abb. 2: … oder Antiquietschfolie verwenden

Step 6 Abb. 2: … oder Antiquietschfolie verwenden

Effektiver und sauberer als Kupfer- oder Keramikpaste ist Antiquietschfolie von TRW, die einfach auf die Rückseite des Belags geklebt wird. Sie ist für Bremsanlagen mit und ohne ABS und sowohl für Sinter- als auch für organische Beläge geeignet, wenn im Bremssattel ausreichend Platz für die ca. 0,6 mm auftragende Folie vorhanden ist.


07 – Neue Klötze in die Zange einlegen

Nun die neuen Klötze mit den Innenseiten zueinander in die Zange einlegen. Eventuell vorhandene Antiquietschbleche in richtiger Position beigeben. Einen Haltestift einsetzen und die Feder auflegen. Feder niederdrücken und den zweiten Haltestift anbringen. Neue Sicherungsclips einsetzen. Bitte überprüfe noch einmal deine Arbeit, bevor du nun zur Endmontage kommst.


Step 8: Festziehen

Step 8: Festziehen

08 – Endmontage

Um die Bremszange über die Scheibe setzen zu können, müssen die Beläge weitest möglich nach außen geschoben werden, so dass ein Freiraum entsteht. Nun die Zange über der Scheibe an der Gabel ansetzen. Sollte dies noch nicht möglich sein, hat sich der Bremskolben vermutlich etwas aus seiner Grundstellung bewegt und muss zurückgedrückt werden. Dazu möglichst den Kolbenrücksteller verwenden. Ist die Bremszange in Position, wird sie mit dem vorgeschriebenen Drehmoment angezogen.


Step 9: Eine Einscheibenbremse warten

Step 9: Eine Einscheibenbremse warten

09 – Eine Einscheibenbremse warten

Solltest du an deinem Motorrad eine Einscheibenbremse warten, kannst du nun wieder die Bremsflüssigkeit im Behälter bis zur „Max.“-Markierung auffüllen und den Deckel verschließen, bei einer Doppelscheibenanlage wäre zunächst die zweite Bremszange zu überarbeiten. Bevor du eine Probefahrt unternimmst, schiebe durch mehrmaliges „Pumpen“ des Bremshebels den Bremskolben in die Arbeitsposition vor. Dies ist sehr wichtig, da deine ersten Bremsversuche sonst ins Leere gehen würden! Vermeide auf den ersten 200 km Gewalt-, Dauer und Schleifbremsungen, damit deine Beläge sich auf die Bremsscheiben einschleifen können, ohne dabei zu verglasen. 


Achtung: Prüfe, ob deine Scheiben heiß werden, die Bremsklötze quietschen oder sonstige Mängel auftreten, die auf einen klemmenden Bremskolben schließen lassen. Drücke in diesem Falle wie oben beschrieben den Kolben noch einmal verkantungsfrei in seine Grundstellung zurück. Meist ist das Problem dann behoben.


Unsere Empfehlung


Das Louis Technikcenter

Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.

Bitte beachten!

Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.

Wir danken für dein Verständnis.


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